Nicht alles, was alt ist, ist gut. Aber das, was gut ist, sollte man durchaus im Auge behalten
Ein Interview mit den drei Festwirten der Oidn Wiesn: über die Anfänge als Wiesnwirt, Musik, Konzeptgedanken – und süffiges Bier aus dem Holzfass
Text und Interview: Eva Geiger-Haslbeck Fotos: Eva Geiger-Haslbeck, Festring München e.V., Helmut Bauer, Festzelt zur Schönheitskönigin
Noch gute zwei Monate sind es bis zum Wiesn-Anstich im September, als wir uns mit den drei Wirten der Oidn Wiesn zum Gespräch im Münchner Ratskeller treffen. Hausherr Anton Winklhofer, der das Festzelt Tradition seit Beginn des traditionellen Oktoberfest-Ablegers betreibt, hat eingeladen. Beppi Bachmeier, Betreiber unter anderem des Fraunhofer und Festwirt im Herzkasperl-Festzelt, und der jüngste Wiesnwirt Peter Reichert, dessen Schönheitskönigin im letzten Jahr zur festen Institution wurde und der ansonsten im Herrschinger Seehof residiert, sind gekommen. Auch Martin Jonas ist dabei, der sich um das Herzkasperl-Musikprogramm kümmert.
Die Stimmung ist entspannt, denn man versteht sich gut. Die drei Wirte kennen sich schon lange und stehen sich, so hat man das Gefühl, durchaus auch mal mit Rat und Tat zur Seite, wenns an die Planung der Oktoberfest-Saison geht. Und die hat, natürlich, schon längst begonnen: Seit Monaten sind die Reservierungsportale freigeschaltet, in allen drei Zelten füllen sich die Tische. Der Aufbau auf der Theresienwiese ist in vollem Gange. Schade ist, da sind wir uns einig, die Tatsache, dass man mittlerweile nicht mehr während des Aufbaus über das Wiesngelände schlendern kann. Die Sicherheitsvorschriften und der Zaun, der seit einigen Jahren rund um das große Areal errichtet wird, hindern einen daran. Früher, so erinnert man sich, konnte man noch zuschauen, wie die Zelte und Fahrgeschäfte aufgebaut wurden. Ein ganz eigenes Bild, wenn der brüllende Plastik-Gorilla der Geisterbahn noch regungslos auf dem Boden lag. Die Ruhe vor dem Sturm eben. Ein wenig wird noch gemeinsam in Erinnerungen geschwelgt – dann geht es los mit dem Gespräch für die »zwiefach«. Über die drei Zelte auf der Oidn Wiesn, über das Leben als Festwirt, die Herausforderungen – und die schönen Erfahrungen, die man sammelt.
Wir haben hier drei erfahrene Wirtsleute vor uns, jeder mit eigenem Gastronomiebetrieb. Wie kommt man auf die Idee, dass man darüber hinaus noch Wiesnwirt wird?
Anton Winklhofer: Ich denke, für so gut wie jeden Münchner Wirt ist die Wiesn ein Ziel, das er erreichen möchte. Wegen der Herausforderung – aber auch wegen des Renommees. Für mich ist es wohl in erster Linie die Herausforderung: die Riesenlogistik, die dahintersteht, wenn jeden Tag so viele Menschen verköstigt werden sollen – und das auf kürzeste Zeit. Ohne gutes Personal hinter den Kulissen läuft auf der Wiesn gar nichts. Die meisten sind schon jahrelang in der Gastronomie tätig, und im Lauf der Zeit haben wir uns wirklich gute Leute aufgebaut, mit denen die Wiesn dann auch reibungslos funktioniert.
Beppi Bachmaier: Ja, das stimmt. Ein Thema ist wirklich die Herausforderung. Auch wenn man schon so lange Wirt ist wie ich, ist es immer noch reizvoll, so etwas Großes zu stemmen. Wobei es für mich nicht ganz so dramatisch war – ich bin ja nicht direkt als Wiesnwirt angefragt worden, sondern damals, 2010, für das Jubiläum. Zuerst habe ich eigentlich verneint. Ich hab einfach nicht genug Leute gehabt, um das gut umzusetzen. Das hat viele verwundert damals, dass ich gesagt habe: Nein, das will ich jetzt nicht machen, weil i mi ned darenna will. Nach ein paar Monaten kam noch eine Anfrage. Und zu dem Zeitpunkt hatten dann schon der Martin und der Felix (Martin Jonas und Felix Gattinger, Anm. d. Red.) bei mir im Theater angefangen und den Musik- und Kulturbereich abgedeckt, den ich draußen auf der Wiesn in erster Linie gebraucht habe. Da hat die Sache dann schon anders ausgeschaut, und dann hab ich zugesagt. Allerdings sind damals alle davon ausgegangen, dass das nur für ein Mal ist.
Wie kams denn dazu, dass die Oide Wiesn zur regelmäßigen Veranstaltung wurde?
BB: Angefangen hat es damit, dass die Leute auf den Speisekarten unterschrieben haben, dass sie das wieder wollen – weil es ihnen so gut gefallen hat. Dann haben ein paar Leute spontan eine Unterschriftenaktion organisiert. Das finde ich auch eine nette Parallele: Die Wiesn – also, die »große« Wiesn – ist ja, soweit ich informiert bin, auch so entstanden, dass nach dem großen Hochzeitsfest, zu dessen Anlass sie ausgerichtet wurde, die Münchner Bevölkerung gesagt hat: Das gefällt uns, das möchten wir wieder haben. Bei der Oidn Wiesn waren letztlich so viele dafür, dass es eine Wiederholung gibt, dass es schon ungeschickt gewesen wäre, das nicht noch mal zu machen. Und so ist man, zumindest was mich betrifft, dann doch eher so hineingeschlittert in das Wiesnwirt-Dasein.
Reingeschlittert seid ihr anderen beiden eher nicht, oder? Wie bist zum Beispiel du zur Schönheitskönigin gekommen, Peter?
Peter Reichert: Was wir drei machen auf der Oidn Wiesn, das ist Kultur. Jeder seine eigene Schiene. Das war der Grund, warum ich mich gleich zu Anfang, also für die Oide Wiesn 2011, angesprochen gefühlt habe. Bayerische Blechmusi war gefragt, da komm ich her, das passt zu mir. Der Toni hat im Traditionszelt die ganzen Schuhplattler und Trachtler, die große Blechmusik. Der Beppi kümmert sich um die jungen Volksmusikanten, um die moderneren Strömungen. Dann hab ich mich beworben, immer schon mit dem Augenzwinkern auf die Schönheitskönigin, auf die Volkssänger. Im ersten Jahr hab ich die Schönheitskönigin (2011 anstelle des Herzkasperls auf der Oidn Wiesn, Anm. d. Red.) mit der Auflage der Stadt gemacht, dass ich das Moderne, das Kulturelle übernehme. Das ist ja Beppis Sache, das macht er schon seit 40 Jahren, da stolpere ich natürlich. Ich hab dann immer gesagt: Jaja, des kriag ma scho, und hab halt weiter versucht, die Volkssänger einzubringen, das alte München. So lief das dann die nächsten Jahre. Das Konzept ist weiter ausgereift, wir haben uns beworben, beworben, beworben, und seit 2017 gibt es auf der Oidn Wiesn drei Institutionen, die sich sehr gut ergänzen.
Und das Festzelt Tradition? Wie ist das entstanden?
AW: Wir haben schon 2010 miteinander das Jubiläumsfest gemacht, weil wir als Festwirte des ZLF (Bayerisches Zentral-Landwirtschaftsfest, alle vier Jahre zeitgleich zur Wiesn auf der Theresienwiese, Anm. d. Red.) doch schon über ein wenig Erfahrung verfügt haben. Aber die erste Oide Wiesn war trotzdem ein großes Risiko. Keiner hat gewusst, wie viele Leute kommen. Ich kann mich daran erinnern, dass der Organisator des Einzugs auf die Oide Wiesn, der vom Messegelände ausging, gesagt hat: Ich hoffe, dass da ein paar Leute mitgehen! Dabei wars knallevoll. 2013 haben wir dann unser Zelt neu gekauft. Und das wird seitdem ständig überarbeitet und ergänzt, weil man ja auch immer weiter lernt und merkt, dass es Sachen gibt, die noch besser zu machen sind. Wobei wir nie aus den Augen verlieren, dass das Zelt kein Wirtshaus werden, sondern ein Bierzelt bleiben soll. Es ist für viele überraschend, dass wir zum Beispiel keine Stoffbahnen aufhängen. Aber es hat ein eigenes Flair. Und wie der Peter schon sagt, es sind drei total unterschiedliche Konzepte, das trifft auch die unterschiedlichsten Bedürfnisse des Publikums! Was man dazu übrigens unbedingt sagen muss: Die Oide Wiesn ist nicht unbedingt »oid«.
PR: Des is a varreckts Wort, des »Oide«.
Weil die Leute glauben, es gehen nur Senioren hin?
BB: Ich hatte einmal eine Begegnung mit einem älteren Herren in meinem Biergarten. Nach einer längeren Diskussion hat er leicht genervt gesagt: Jetzt schaun Sie doch mal, das ist doch keine alte Wiesn, da sind lauter junge Leute! Der war total empört. (lacht) Dabei ist ja die schöne Sache gerade die, dass das Publikum bei uns so gemischt ist. Und ich denke, dass man schon auch erwähnen muss, dass die Oide Wiesn mit der Zeit geht. Das Jubiläumsfest 2010, das war natürlich großartig, mit dem Pferderennen und den Landmaschinen. Mir hat damals einer von den Planungsverantwortlichen gesagt: »Wenn oa Ross sich an Hax bricht, des kost a hoibe Million.« Wirklich wahr! Da hing eine Menge dran, auch finanziell. Das war eine aufwendige und tolle Gschicht und hat natürlich auch was damit zu tun, dass die Oide Wiesn einen so großen Anklang gefunden hat. Dass man das nicht eins zu eins wiederholen kann, ist klar. Deswegen versuchen wir und natürlich auch die Verantwortlichen vom Festring, das Angebot attraktiv zu halten und trotzdem bei der Grundidee zu bleiben. Dass man was Historisches macht, dass man was Traditionelles macht, aber auch was, das nach vorne geht. Dass nicht nur die Museumsbesucher angesprochen werden, sondern auch junge Leute. Vor allem bei der Musik!
PR: Dass man das Programm lebendig darbietet! Unglaublich lebendig! Das finde ich wichtig.
Was sind die Rezepte von euch in den einzelnen Zelten, um »lebendig« zu bleiben?
Martin Jonas: Da geht es zum einen um die Bandbreite an dem, was musikalisch dargeboten wird und auch um die Struktur, wann was gespielt wird. Wie bilden wir das musikalische Land Bayern ab, auch über den Tellerrand hinaus, also nach Süden, Westen und Osten blickend? Zum anderen gibt es auch eine ganz spezielle Wiesn-Struktur: Was brauchts im Zelt, dass es funktioniert? Wann ist Zeit zum Tanzen, wann ist Zeit zum Zuhören, wann ist die Zeit zum Feiern da? Das ist eine Mischung, die man finden muss, damit das Zelt rund läuft. Und nicht nur zum Hören, auch zum Sehen geht man ins Bierzelt. Dass man diese Schaulust bekommt, dass man gerne da sein will, das muss man optisch und musikalisch hinbekommen.
Offenbar funktioniert es ja in allen drei Zelten, dass die Leute gern drin sind. Obwohl das Festzelt Tradition ganz anders ausschaut als das Herzkasperlzelt, und beide wiederum ganz anders als die Schönheitskönigin. Bei letzterer hat man zum Beispiel eher den Eindruck einer Wirtsstuben …
PR: Das ist das alte München, ja genau. Wie es früher halt so gegangen Auch die Ornamentik orientiert sich daran, wie die alten Wirtshäuser ausgesehen haben. Dazu gibt es eine ganz alte Blasmusik aus Bayern, Tanzmusik, Gebrauchsmusik, die aber so dargeboten wird, dass man sich denkt: Wie lebendig ist denn des? Ich mache seit 30 Jahren Volksmusik, und die ist alles andere als langweilig, wenn man sie richtig interpretiert. Es ist mir ganz wichtig, den Leuten zu sagen: Schauts amal her, des is boarische Blasmusik – wir brauchen keinen Schlager, keine Hits, sondern diese alte Musik ist heute noch in der Lage, die Leute glücklich zu machen, da geht was. Das hat eine unglaubliche Gewalt. Bei uns im Zelt gibt es die alten Münchner, die mitsingen können, weil sie Bally Prell, den Wagen von der Linie 8 oder auch die alten Lieder von der Couplet-AG noch kennen. Aber wie interessant ist es, den jungen Leuten zuzuschauen, die das vielleicht zum ersten Mal hören und sofort begeistert sind von der Musik! Meine ganzen Kellner sind mit dem Riesenrad gefahren und haben dabei Couplets gesungen. Meine Kellner sind alle im Schnitt zwischen 20 und 30 Jahre alt! Die haben richtigen Spaß an der Musik und dem Gesang gehabt.
Natürlich hats auch was mit der Optik zu tun. Das gemütliche Zelt, in dem man gern verweilt, das gehört dazu. Die Bedienungen haben bei uns das oide Gwand an. Ich hab auch keine Lederhosn an, die ist ja nach München erst so um 1900 oder 1920/30 gekommen. Als Mode. Ein Städter hat ja nie eine Tracht angehabt, der ist vom Land in die Stadt gekommen und wollt von der praktischen Lederhosn nix wissen. Das Erste, was er sich gekauft hat, war eine schwarze Hose und ein schwarzes Leiberl. Man hat die Gepflogenheiten der Stadt angenommen, seinen Charakter vom Land aber trotzdem behalten. Dieses Mischmasch macht für mich den Charme des alten Wirtshauses aus. Das pflegen wir auch.
Das Festzelt Tradition ist ja wirklich ein Bierzelt, wie’s früher war. Da sieht man wahrscheinlich schon viele Lederhosen, oder?
AW: Natürlich. Wobei wir das ganze Spektrum an Trachten haben. Da sind die schönen Münchnerinnen mit der alten Tracht genauso wie moderne Dirndlgwänder zu finden. Und wenn man unser Publikum sieht, sind da nicht nur alte Leute, sondern auch sehr viele junge Trachtler, die bei uns die Möglichkeit haben, aufzutreten und sich zu zeigen. Dazu kommt die Förderung der Blasmusik, wir arbeiten eng mit dem Blasmusikverband zusammen. Und auch die Musikgruppen sind sehr jung besetzt. Ein weiterer, ganz wichtiger Schwerpunkt unserer Gäste sind die Familien – wir sorgen also auch für den Nachwuchs und die nächste Generation an Wiesngängern. (lacht) Mttags kommen die Münchner zum Essen, es ist entspannt und gemütlich. Es gibt einfach ganz, ganz viele Wiesnbesucher, denen die Mischung aus Tradition und Weltoffenheit sehr gut gefällt. Und das muss auch so bleiben. Wir müssen die Alternative zur regulären Wiesn sein. Ohne die große Wiesn geht es nicht, daduch hat das Oktoberfest seinen Weltruhm.
PR: Die Oide Wiesn ist einfach eine tolle Bereicherung des Angebots des Oktoberfests. Die soll sich nicht abgrenzen, sondern zeigen, schaut her, wir erweitern unser Spektrum. Und das betrifft auch viele, die auf die große Wiesn vielleicht nicht mehr gegangen sind, weil ihnen zu viel los war.
Ist es denn so, dass viele Münchner mittlerweile auf der Oidn Wiesn sitzen und die große Wiesn den Touristen überlassen wird – oder verlaufen sich auch ab und an Touristen zu euch?
BB: Die werden eher mitgebracht von Einheimischen, die sagen, jetzt schaust dir des amal an. Wir haben schon Italiener gehabt, die haben sich einfach vertan. Die haben geglaubt, sie sind jetzt auf der offiziellen Wiesn. Und sind auch dageblieben, weils ihnen gut gefallen hat. (lacht)
MJ: Es gibt auch Anfragen von Firmen aus dem Ausland, die denken, es ist Oktoberfest, Hauptsache ein Tisch! Wir haben schon ein paar solche Unternehmen dabei, die zuerst quasi aus Versehen gebucht hatten. Dann hat es ihnen aber so gut gefallen, dass sie seitdem jedes Jahr wiederkommen …
BB: Wobei wir übergroße Reservierungen nicht annehmen. Wir haben einfach nicht so viel Platz. Dazu kommen unsere Darbietungen, die Musik. Man kann ja von den Leuten nicht verlangen, dass sie immer zuhören. Große Gruppen machen eher ihr eigenes Programm, was man ihnen auch nicht verübeln kann. Wenn du dann eine Gruppe von 500 Leuten hast, das kann schiefgehen.
PR: Offiziell heißt es ja, auf der gesamten Wiesn sind 70 – 80 % Einheimische. Wobei da natürlich ganz Bayern gezählt wird, also auch die Sonderzüge aus Augsburg, Nürnberg und so weiter. Nur die andern 20 % sind dann die Australier, Italiener, wo sie alle herkommen. BB: Italiener kommen ja weniger, das ist richtig auffällig seit ein paar Jahren.
Das war früher immer das mittlere Wochenende …
AW: Das hat sich wegen der Wohnwagenverleihkultur mittlerweile auf alle drei Wochenenden verteilt. Weil die Wohnwägen in Italien nicht mehr ausreichen, müssen sie jetzt auch auf die anderen Wochenenden ausweichen. (alle lachen) Wenn wir die Reservierungen bestätigen, geben wir gleich die Info mit raus, dass bei uns nicht auf den Tischen getanzt werden darf. Und dann kommt noch die Musik ins Spiel: Wenn man sieht, dass die Leute übermäßig zu schunkeln anfangen, spielt die Kapelle einfach ein Stück, bei dem das überhaupt nicht geht. (lacht) Einen Boarischen oder, noch besser, einen Zwiefachen!
Eine Anekdote gibts dazu aus der Geschichte des Oktoberfestes. Ende des 19. Jahrhunderts wurde nämlich auf der Wiesn ein Tanzverbot verhängt. Das ist nie aufgehoben worden. Wir haben beim Jubiläum einen Tanzboden gehabt, der war, nachträglich betrachtet, illegal. Das Tanzen wurde damals verboten, weil es immer ein Anlass für Schlägereien war. Damals gabs eine Rauferei, die sich von der Wiesn – die ja damals noch vor der Stadt war – bis in die Innenstadt gezogen hat, sodass die Landwehr einschreiten musste. (lacht) Dass man bei uns tanzen darf, das ist schon eine Besonderheit.
PR: Es ist schon schön, dass die Leute auf die Oide Wiesn gehen, denken, was kommt jetzt da auf mich zu, und am Schluss haben sie eine Riesengaudi. A bisserl so, wie die Wiesn eben früher war. Früher ist man ja auch zum Ratschen ins Bierzelt gegangen. Vor einigen Jahren bin ich mit einem Freund im Hofbräuhaus gesessen auf a Hoibe. Dann haben wir gesagt, komm, setzen wir uns ins Taxi, fahren wir auf die Wiesn, ratschen wir da weiter. Dann samma aussi, haben uns hingesetzt, wollten weiterratschen. Aber im Zelt wartest du ja eine halbe Stunde, bis die Musi Pause macht. Also haben wir gezahlt, haben ausgetrunken und sind zurück ins Hofbräuhaus gefahren. Deswegen schauen wir alle in unseren Zelten drauf, dass man sich noch angenehm unterhalten kann.
Ist es auf der Oidn Wiesn einfach gmiatlicher?
MJ: Wir haben regelmäßig Gäste aus Süditalien, von einem großen Konzern, wo mich der Manager gefragt hat, ob sie bei uns nicht eine Führung bekommen könnten, zum Thema Oktoberfest. Dann sind Anzugmenschen im feinen italienischen Zwirn durch die Oide Wiesn gelaufen, haben sich gewünscht, dass sie mal sehen, wie ein Fass Bier angezapft wird, wie ein Hendl gebraten wird. Waren begeistert davon, dass das Bier aus dem Holzfass kommt bei uns. Das ist auf der großen Wiesn natürlich nicht möglich. Über die Jahre hat es sich so entwickelt, dass diese Gruppe immer länger bei uns geblieben ist und schließlich eigentlich gar nicht mehr auf die große Wiesn gehen wollte. Der schöne Aspekt ist, dass sich das ja auch rumspricht – dass es noch was anderes gibt, mit ganz anderer Stimmung, das aber auch gemütlich und schön ist.
Eigentlich ist es doch paradox: Man erweitert ein Volksfest um ein Volksfest, wie es früher war …
PR: Ja, wobei es ja noch weitergeht. Beim Beppi zum Beispiel, der verbindet das, wie es war, mit dem, wie es weitergeht und bringt das Zeitgenössische in die Musik und den Text. Das gehört schon auch dazu, das ist gut.
BB: So etwas wie das Holzfass, das ist ja was Positives. Wenn man das so darstellen kann und nicht nur eine Leitung hat, die in die Schank hineinläuft. Was ich damit sagen will: Es wird nicht nur Historie um der Historie willen gemacht. Nicht alles, was alt ist, ist gut. Aber das, was gut ist, sollte man durchaus im Auge behalten.
AW: Und das Bier aus dem Holzfass ist einfach süffiger! (lacht)