Geigenbauerin aus Leidenschaft
Die Tirolerin Christina Holaus arbeitet in München
Text: Sabrina Haas Fotos: Erben Geigenbaumeister GmbH
Christina Holaus aus der Wildschönau schloss im Februar 2019 ihre Ausbildung zur Geigenbaugesellin an der Staatlichen Berufsfachschule für Musikinstrumentenbau in Mittenwald ab. Seit April des gleichen Jahres arbeitet sie bei Erben Geigenbau GmbH in München. Sabrina Haas hat sich mit ihr darüber unterhalten, was sie dazu bewogen hat, dieses Instrument zu erlernen und später diesen Berufsweg einzuschlagen.
- Liebe Christina, kannst Du Dich noch erinnern, wann und wie Du die Geige für Dich entdeckt hast?
Es begann im Alter von drei Jahren, als ich im Fernseher das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker sah und hörte – insbesondere die Streicher haben mich fasziniert. Auch der feine Geigenklang von Hanne Berger, die damalige Violinistin des Palast Orchesters von Max Raabe, zog mich in den Bann und mein Wunsch wurde immer größer, dieses Instrument zu lernen. Mit sieben Jahren war es dann endlich so weit: In Omas Kofferraum lag meine erste eigene Geige.
In meiner Familie war Musik immer schon präsent. Die Oma spielt Klavier und der Opa war Klarinettist bei der Trachtenmusikkapelle Kals am Großglockner. Mein Opa mütterlicherseits war ebenfalls ein begeisterter und sehr guter Sänger. Meine Mama sang viele Jahre im Wildschönauer Dreigesang und gibt ihre musikalische Leidenschaft als Musiklehrerin und Radiomoderatorin der Sendung Tiroler Weis des ORF weiter. Es musste mich also packen und es lag auf der Hand, dass Musik in meinem Leben eine große Rolle spielen wird.
Ich bekam Unterricht an der Landesmusikschule Brixental und merkte schnell, dass mir das Zusammenspiel mit anderen besonders gut gefällt. Seit 2007 spiele ich in der 4kleemusig und bin sehr froh, mich in dieser Gruppe musikalisch ausprobieren und meinen Klang immer wieder neu formen zu können. Nach der Musikhauptschule Wildschönau wechselte ich mit 14 Jahren in den musischen Zweig des Bundesoberstufenrealgymnasiums in Innsbruck und bekam dort auch Instrumentalunterricht an der städtischen Musikschule.
- Erst Geige spielen, dann Geigen bauen – wie kam es dazu?
Ein Besuch beim Geigenbauer war für mich immer ein großartiges Erlebnis. Ein Wimmelbild, welches so viele Details zu bieten hat und mich jedes Mal etwas Neues entdecken ließ.
Dass ich diesen Berufsweg tatsächlich eingeschlagen habe, verdanke ich meinem Papa. Für den Abschluss der Matura bekam ich einen neuen Geigenbogen und dafür fuhren meine Eltern mit mir nach Mittenwald. Dort fragte mein Papa, der selbst sehr am Handwerk interessiert ist, bzgl. einer Besichtigung der örtlichen Berufsfachschule an. Der stellvertretende Direktor Georg Neuner führte uns durch die Schule und schnell war mir klar: Da will ich hin!
Nach wunderbaren sieben Semestern zwischen Wetterstein und Karwendelgebirge schloss ich im Februar 2019 die Ausbildung zur Geigenbauerin ab.
- Wie kann man sich den Schulalltag in Mittenwald vorstellen?
Der Fokus liegt in der Werkstattzeit, in der man praktisch ausgebildet wird. Die restlichen Stunden teilen sich in Theoriefächer wie z. B. Akustik und Geschichte des Geigenbaus auf. Es wird auch Kunst-, Instrumental- und Orchesterunterricht an der Schule angeboten. Durch das Zusammenleben in Wohngemeinschaften verbringt man eine intensive Zeit miteinander und es entstehen enge Freundschaften.
- Und die Abschlussprüfung? – Bestimmt eine spannende Angelegenheit!
Die Abschlussprüfung besteht aus einem theoretischen Teil, den man schriftlich und mündlich absolviert. Der Lernstoff beinhaltet zum Großteil die Geschichte des Geigenbaus. Im praktischen Teil muss man eine Fachzeichnung des ausgewählten Geigenmodelles erstellen, welches als detailgenaue Vorlage für das Gesellenstück dienen soll. Das Gesellenstück wird spielfertig jedoch unlackiert abgegeben, um das Instrument genau bewerten zu können. Weiters ist eine separate Lackierprüfung abzulegen. Zu guter Letzt wird das Spielen eines Streichinstrumentes in Form eines Instrumentalvorspiels verlangt.
- Dann hält man sein Abschlusszeugnis in Händen …
Man erhält den Gesellenbrief samt Gesellenstück und ist somit befähigt als Geselle in einem Betrieb zu arbeiten. Während meiner Ausbildung habe ich einige freiwillige Praktika gemacht, die mich unter anderem zu meiner heutigen Arbeitsstelle bei Peter und Martin Erben in München geführt haben.
- Wie schaut Dein heutiger Arbeitsalltag in München aus?
Wenn ich in der Werkstatt ankomme, beginne ich sofort mit meinen Aufgaben. Im Laufe des Vormittags wird sich bei einer gemeinsamen Tasse Kaffee besprochen und die Arbeitsaufträge werden verteilt. Ich repariere hauptsächlich alte Instrumente, warte unsere Mietinstrumente, mache sie spielfertig und kümmere mich zusätzlich um die Instandhaltung der Bögen.
- Hast Du eine Lieblingsaufgabe?
Ich mag es, dass man das Instrument als Ganzes erfassen muss, um sich einen Überblick der bevorstehenden Arbeitsschritte machen zu können. Es gibt keinen einzelnen Aspekt, der entscheidend ist, man muss stetig alles im Blick haben und sich einen guten Plan erstellen, wie man vorgeht.
Zum Beispiel bei einer Korrektur der Mensur. Durch diese Reparatur soll das richtige Maß der schwingenden Saitenlänge erreicht werden. Das kann so mancher Geige »Kopf & Kragen« kosten, was sich aber in manchen Fällen nicht vermeiden lässt.
Am meisten Freude macht mir die Arbeit mit dem Kunden. Es ist schön, wenn sie mit einem Lächeln im Gesicht den Laden verlassen.
- Es gibt ja tolle Vorbilder, hochgehandelte alte Meister. Was kannst Du Dir von alten Geigenbauern wie Jacob Stainer abschauen?
Als Geigenbauerin der Gegenwart ist es schwer, an diese Geigenbautradition heranzukommen. Ich habe sehr viel Respekt vor der geleisteten Arbeit der Meister aus der Zeit ab dem 16. Jahrhundert. Das damalige Leben und die damit verbundenen Umstände haben neben dem individuellen Gebrauch von Werkzeugen und dem Holz aus der Region die Instrumente gestaltet.