Leonhard Meixner ist der neue Volksmusikpfleger für den Bezirk Oberbayern
Nicht mal ein Jahr war der Tiroler Musikwissenschaftler Bernhard Achhorner im Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popularmusik in Bruckmühl als Volksmusikpfleger des Bezirks Oberbayern im Amt, als Ende September bekannt wurde, dass er aus persönlichen Gründen die Stelle wieder verlässt. Wenige Wochen später stellten Bezirkstagspräsident Josef Mederer und Dr. Elisabeth Tworek, die Leiterin der Kulturabteilung des Bezirks Oberbayern, den Nachfolger vor: Leonhard Meixner. Absolut kein unbeschriebenes Blatt, mit dem Roland Pongratz ein kurzes Gespräch führte.
- Roland Pongratz: Servus Leo, Gratulation zur Bestellung als neuer Volksmusikpfleger für den Bezirk Oberbayern. Man kennt Dich als Mitglied einer musikalischen Familie und als Kopf der Formation CubaBoarisch 2.0. Vielleicht magst Du Dich und Deinen Werdegang unseren Lesern ein klein wenig vorstellen.
Leonhard Meixner: Griaß Di Roland! Tatsächlich bin ich seit Kindesbeinen mit der Volksmusik verbunden. Schon als kleiner Bub war ich im Kinderchor und hab bei einer bayerischen Kinderlieder-CD für das Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern mitgesungen. Meine Eltern haben beide Kirchenmusik studiert und waren früher mit eigenen Volksmusikgruppen sehr aktiv. Die Motivation zum Lernen eines Instruments war als Kind bei mir noch nicht so groß, denn Fußballspielen war mir einfach wichtiger. Doch bald ging es mit der Musik los.
Ich hörte zum ersten Mal die Gerstreit Musi, die Rotofenmusi und namhafte Berchtesgadener Ziachspieler. Sofort war ich vom Klang der Diatonischen Harmonika begeistert. Damals war ich 13 Jahre alt und begann Steirische zu lernen. Alles natürlich ohne Noten. Die kamen erst drei Jahre später mit dem Posaunenunterricht.
Meine Ausbildung habe ich an der Berufsfachschule für Musik in Altötting gemacht. Die nächste Station war die Hochschule für Musik in Nürnberg, die ich 2012 mit einem musikpädagogischen Diplom im Hauptfach Posaune verließ. Danach zog ich mit der Musikgruppe meines Vaters, denCubaboarischen, durch die Lande und gründete 2018 das Musikprojekt CubaBoarisch 2.0. Daneben habe ich Posaune, Tuba, Tenor- und Baritonhorn unterrichtet und war in verschiedenen Volksmusikbesetzungen aktiv.
Und ich habe daneben auch schon als freier Mitarbeiter im Volksmusikarchiv, (jetzt Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popularmusik oder kurz ZeMuLi) mitgearbeitet und war bei vielen Veranstaltungen auch als Sänger und Musikant dabei. Die Leitung für den Fachbereich Volksmusikpflege zu übernehmen ist für mich daher etwas ganz Besonderes.
- Welche Arbeitsschwerpunkte hattest Du damals in Bruckmühl?
Ich durfte als freier Mitarbeiter viele unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Ich habe zum Beispiel Notensätze für Blechblasinstrumente, mehrstimmigen gemischten Chor und Männergesang erstellt – das gehörte zu den besonders kreativen Aufgaben. Außerdem habe ich bei der Archivierung der Tonaufnahmen zur internen Dokumentation mitgearbeitet, wodurch ich mir ein breites Wissen über das überlieferte Liedgut aneignen konnte. Ein weiterer Schwerpunkt war die Urheberrechtsdokumentation.
Ernst Schusser war gefühlt jeden Tag unterwegs beim Singen, bei Veranstaltungen des Archivs oder in Sachen Feldforschung. Bei einigen Fahrten habe ich ihn begleitet, beispielsweise beim Klöpfeln. Viele der inzwischen schon zur Tradition gewordenen Aktionen wie die Offenen Singen in der Adventszeit oder im Wirtshaus möchte ich fortführen. Auch Seminare, Konzerte und besonders die Arbeit in der Feldforschung werde ich weiterentwickeln und hierbei neue Impulse setzen. Ich bin froh, dass ich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Seite habe, die mich bei vielen Aufgaben unterstützen.
- Von außen und mit Abstand betrachtet würde ich sagen: Im und ums ZeMuLi ging es in den letzten zwölf Monaten relativ turbulent zu. Die Diskussionen um die Ausrichtung der Einrichtung und die personellen Neubesetzungen waren doch teils recht heftig. Hast Du ein wenig Bammel vor der neuen Aufgabe?
Mir war bewusst, dass das nicht leicht wird. Ich habe in der Zeit vor meiner Anstellung als Volksmusikpfleger des Bezirks Oberbayern die Situation in Bruckmühl gut beobachten können. Der persönliche Austausch und Kontakt hat vielen gefehlt. Dazu erschwerte die Pandemie die tägliche Arbeit: Das Archiv musste teilweise schließen und öffentliche Veranstaltungen waren nicht möglich. Die Arbeit konnte nach dem Ausscheiden von Ernst Schusser auch nicht nahtlos weitergeführt werden, da ungeklärte Sachlagen vieles verzögerten. Außerdem sind wir ja bereits seit einigen Jahren mit der Neuausrichtung der Einrichtung beschäftigt. Bereits seit 2017 wurden zusätzliche Gebäude dafür angekauft.
So ein Wechsel ist immer schwierig. Dass es da auch kritische Stimmen gibt, gehört dazu. Doch vergessen wir nicht, dass die Volksmusikpflege beim Bezirk Oberbayern immer schon eine große Strahlkraft besessen hat. Deswegen ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, im Dialog mit den Menschen in der aktiven Volksmusikpflege zu sein und bedürfnisorientiert zu arbeiten. Die traditionelle überlieferte Volksmusik ist unser kulturelles Erbe und etwas ganz Wertvolles. Damit werden wir auch weiter verantwortungsvoll umgehen. Mein Leitspruch: Traditionen bewahren, neue Wege beschreiten.
- Was waren Deine ersten Tätigkeiten in der neuen Rolle und was hast Du für die nahe Zukunft für Aktivitäten geplant?
Da ich auf den Dialog und ein Miteinander setze, habe ich vom ersten Tag an den Kontakt zu Volksmusikschaffenden, Heimatpflegerinnen und -pflegern, Vereinen und Verbänden gesucht. Ich sehe es als meine Aufgabe, für die Belange der Volksmusikinteressierten und -begeisterten ein offenes Ohr zu haben. Vielen liegt die Bewahrung authentischer überlieferter Volksmusik am Herzen, auch mir. Für diesen Kreis möchte ich einen runden Tisch schaffen, an dem wir uns über die Volksmusik in Oberbayern austauschen können.
Das Erhalten und Weitergeben unseres einzigartigen kulturellen Erbes sehe ich als große und wichtige Aufgabe. Wir sitzen in Bruckmühl auf einem großen Schatz von Sammlungen und Nachlässen. Hier können wir Unentdecktes aufbereiten und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dazu gehört zum Beispiel das Arrangieren alter Notenhandschriften für aktuelle Besetzungen. Zusätzlich möchte ich in Zukunft viele neue Bildungsangebote rund um das Thema Volksmusik in Oberbayern schaffen. Wir haben künftig viele neue räumliche Möglichkeiten in Bruckmühl, die wir für verschiedenste Projekte nutzen können. Hier soll ein Zentrum für die volksmusikalische Bildung entstehen.
Das Singen ist für mich natürlich auch wichtig. Ich möchte in ganz Oberbayern Menschen zum Miteinander singen anleiten und Fortbildungen zum Thema Wie kann man offene Singveranstaltungen selbst durchführen? anbieten. Wir können dafür die modernen Wege des Informationsaustausches nutzen und so viele Menschen für Volksmusik begeistern.
- Letzte Frage: Wird man Dich mit CubaBoarisch 2.0 auch weiterhin in Funk und Fernsehen sowie auf den Bühnen Bayerns erleben können oder treffen Dich Deine Fans jetzt »nur« noch bei Singstunden?
Als Volksmusikpfleger bin ich als Botschafter für die oberbayerische traditionelle Volksmusik unterwegs, auch bei Singstunden. Natürlich geht es mir darum, diese Aufgabe mit ganzem Herzen zu erfüllen. Gleichzeitig ist mir meine Tätigkeit als Musiker und Sänger wichtig. Dafür möchte ich auch Zeit finden. Mir macht es Spaß, Musik zu machen, die Freude macht. Auf meinen zahlreichen Reisen nach Kuba habe ich die dortige Musikkultur kennengelernt und war fasziniert, wie sich dort die eigene Musik in jedem Winkel und auch in allen Altersgruppen wiederfindet. Mir wurde dadurch auch bewusst wie wichtig es ist, eigene Traditionen zu bewahren – ja zu leben! Und Volksmusik ist lebendig. Dahoam und überoi.
- Lieber Leo, wir freuen uns, in Zukunft ab und an etwas von Dir in der »zwiefach« zu lesen und drücken Dir für Deine Aufgabe beide Daumen. Vielen Dank für das offene Gespräch!