Der pure Luxus – ein Frauen-​Dreigesangs-​Treffen!

Wer eine Volksmusikveranstaltung plant, denkt an eine bunte Mischung von singenden und musizierenden Gruppen, die sowohl dem Publikum als auch den Mitwirkenden möglichst abwechslungsreiche Unterhaltung bieten. Dass gleichzeitig zwei Frauendreigesänge auf der Bühne sitzen, ist deshalb eher selten, was zur Folge hat, dass sich Sängerinnen dieser Spezies im Normalfall eher flüchtig, vom Hörensagen oder durch die Medien kennen.

Text: Elisabeth Radauer Fotos: Brigitte Erhart, Roswitha Meikl, Hans Wetzelhütter, Gerhard Schiel

Üblicherweise zählen zu den Grundbausteinen eines gelungenen volksmusikalischen Treffens mindestens ein Saitenmusik-​Ensemble, sowie eine Tanzlmusi als auch Gesangsgruppen in unterschiedlicher Besetzung. Den Luxus, mehrere Frauen-​Dreigesänge sowie Gesangsgruppen in gemischter Besetzung einzuladen, leistete sich der Zauchenseer Viergesang anlässlich der Präsentation des Zauchenseer Liederbüchels im Herbst 2013.

Bereits am Vormittag traf sich die fröhlich bunte Schar der Sänger und Sängerinnen auf der wunderschön gelegenen Hochalm im salzburgischen Obertauern; darunter die Stoaberg Sängerinnen, der Pinzgauer Dreigesang und der Rauchenbichler Dreigesang. Da wurde gescherzt, gelacht und natürlich viel gesungen. Der verbindende Lied- und Jodlerschatz erklang abwechselnd in den einzelnen Gruppierungen sowie beim gemeinsamen Singen. Bis in die Abendstunden feierte man das 30-​jährige Bestehen des Zauchenseer Viergesangs. Beim Verabschieden waren sich alle Damen einig, dass ein Treffen dieser Art bald wieder stattfinden sollte. So kam es, dass ausgerechnet ein Männer-​Viergesang für die Idee eines Frauen-​Dreigesangs-​Treffens ausschlaggebend wurde. Über den Termin dafür war man sich schnell einig: der Vorabend zur Walpurgisnacht – die Nacht vom 30. April auf 1. Mai – erschien passend und der wiederkehrende Feiertag zum Ausrasten danach sowohl »drent als auch herent« von Vorteil. Die Idee, dieses Treffen jedes Jahr an einem anderen Ort, von einer anderen Gruppe organisiert, stattfinden zu lassen, wurde vom Salzburger Volksliedwerk und vom Verein Aufgspuit & Gsunga e.V. begrüßt und unterstützt.
Im bayerischen Höglwörth nahe Anger eröffneten 2014 die Stoaberg Sängerinnen den Reigen. Sie luden erst in die malerische Barockkirche zu einer Andacht mit gesanglicher Umrahmung und danach zum geselligen Beisammensein in den nahegelegenen Gasthof. Fast 20 weibliche Dreigesänge aus den verschiedensten Regionen fanden sich ein; darunter sogar die legendären Waldramer Sängerinnen und natürlich auch, wie auf der Hochalm ausgemacht, der Pinzgauer - und der Rauchenbichler Dreigesang. Die Gruppen nahmen für dieses Treffen teilweise weite Anreisen z. B. aus Scheibbs in Niederösterreich, Mittenwald in Bayern oder Tamsweg im Lungau in Kauf und wurden dafür belohnt: Es gab regen Austausch – in Wort und Lied. Schon die musikalische Vorstellungsrunde offenbarte einerseits die klangliche Vielfalt und das unterschiedliche Repertoire, andererseits aber auch viele Gemeinsamkeiten. Verbunden wurden alle Gesänge von einer harmonischen Begleitung durch Maria und Hans Auer sowie Moritz Demer. Ob im melancholischen Liebeslied, im flotten Tanzlied oder beim herzerfrischenden Frühlingslied – Harfe, Gitarre und Akkordeon stimmten stets in der gewünschten Tonart ein und untermalten auf einfühlsame Weise. Auch über etliche gemeinsam gesungene Lieder und Jodler konnte man sich an diesem Abend freuen – ein durch und durch gelungenes Treffen.

Besondere Frauen an besonderen Orten

Exakt ein Jahr später folgten viele Frauen-​Dreigesänge der Einladung des Pinzgauer Dreigesanges in die Wallfahrtskirche Maria Kirchental. Das Erfolgsrezept mit geistlicher Andacht zu Beginn und anschließendem Singen im Gasthof wurde fortgesetzt und somit zum Markenzeichen. Beim Lied Die Pinzgauer wollten kirchfåhrten gehn konnte sich jeder Dreigesang mit einer Strophe einbringen. Auch das dritte Frauen-​Dreigesangs-​Treffen, veranstaltet vom Rauchenbichler Dreigesang, wurde an einem »gesegneten Ort« abgehalten. Die stattliche Wallfahrtsbasilika Maria Plain bot den feierlichen Rahmen für die Eröffnung und danach erlebten alle bei herrlicher Aussicht mit dem wunderschönen Lied Bei da Lindn bin i gsessn, gesungen unter der berühmten Plain-​Linde, einen besonderen Moment. Im Gasthof Maria Plain fand im Anschluss die »weltliche Zusammenkunft« statt.

Mit der Einladung des Tamsweger Dreigesanges wanderte das Frauen-​Dreigesangs-​Treffen 2017 in den Süden. In der mystischen Wallfahrtskirche Sankt Leonhard ob Tamsweg gestaltete man gemeinsam die Messfeier und anschließend ging es – wie immer – ins Wirtshaus zum unterhaltsamen Teil im wahrsten Sinne des Wortes. Besonders gerne erinnern sich wohl alle Teilnehmerrinnen an das fünfte Treffen. Die Huber Dirndln aus Prien am Chiemsee entführten die Sängerinnen auf die Herreninsel im Chiemsee. Der Abend begann mit einer wunderschönen Schifffahrt und wie gewohnt, mit einer geistlichen Andacht. Von der ehemaligen Pfarrkirche St. Maria war der Weg zur anschließenden Zusammenkunft in der Schlosswirtschaft nicht weit. An diesem Abend waren Lieder über das Wasser, das Fischen und die Fischerbuam naheliegend. »Einsam sind wir Töne, gemeinsam ein Lied« war das Motto des Abends und der traumhafte Sonnenuntergang über dem See bleibt wohl allen in Erinnerung. 2019 zog es die Sängerinnen weiter in Richtung Westen. Der Mittenwalder Zammgsang lud am Vorabend der Walpurgisnacht in die wunderschöne Barockkirche St. Peter und Paul nach Mittenwald an der Isar. Auch diesmal scheuten viele Gruppen den weiten Weg nicht und verbrachten nach dem gemeinsamen Kirchgang einen gesellig musikalischen Abend. Dass die Meßnerschläger Sängerinnen das nunmehr anstehende siebte Frauen-​Dreigesangs-​Treffen im Jahr 2020 gerne veranstaltet hätten, lässt sich denken. Sie verschoben auf das Jahr 2021 und mussten in der Zwischenzeit leider zur Kenntnis nehmen, dass die Corona-​Pandemie auch heuer im Frühling keine großen musikalischen Treffen zulässt. Es bleibt zu hoffen, dass die »holde Weiblichkeit« im Jahr 2022 im bayerischen Wegscheid wieder zusammenfinden wird.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Viele Damen freuen sich schon jetzt darauf, darunter auch Christl Klappacher – eine Sängerin, die seit vielen Jahren das Volkslied in Salzburg auf ihre bescheidene und einzigartige Weise prägt. Ihre faszinierende Sopranstimme gab lange Zeit dem Salzburger Dreigesang die »besondere Note«. Obwohl sie in der Tradition tief verwurzelt ist und mehr Lieder kennt, als man sich vorstellen kann, zeichnet sie doch eine Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem aus. Mit Neugier reagiert sie auf jedes ihr noch unbekannte Lied. Singen ist ihr Lebenselixier und eine weltoffene, in jeder Hinsicht tolerante christliche Grundhaltung bestimmt ihr künstlerisches Wirken.

Aufgewachsen ist Christl in Niederalm nahe Salzburg. Der Vater der Klappacher-​Geschwister war Sägewerksbesitzer und leidenschaftlicher Sänger, unter anderem beim Kirchenchor. Die Mutter spielte Zither, das mehrstimmige Singen war ihr jedoch nicht geläufig. Umso sehnlicher erhoffte sie dieses Talent bei ihren Kindern. Es traf sich gut, dass eine Schwester des Vaters eine begeisterte und gute Sängerin war. So fanden die Klappacher-​Geschwister in ihrer Tante eine erste Lehrerin. Die Zwillinge Christl und Kurt waren bereits als kleine Kinder eine Attraktion bei den damals üblichen Heimatabenden. Als quasi erste kleine Bühne wurden sie zum Singen auf kleine Stockerl gestellt und die Klarheit ihrer Stimmen bewundert. Bald aber sangen sie mit ihren Geschwistern Toni und Trude als Niederalmer Viergesang oder als Geschwister Klappacher.
Im Chor des Salzburger Adventsingens durfte die blutjunge Sängerin bei dem Lied Steffi, du Schlafhaubn ein winziges Solo singen und so wurde Tobi Reiser der Ältere auf sie aufmerksam. Daraufhin bildete Landa Ruprecht mit Christl und ihrer älteren Schwester Trude den beispielhaften Salzburger Dreigesang. Sowohl Tobi Reiser als auch sein Sohn Tobias schätzten die Reinheit und Intonationssicherheit des Gesanges und vertrauten der Sopranistin zunehmend solistische Rollen im Salzburger Adventsingen an. Lange Zeit war Christl zur »Maria« auserwählt und sie verkörperte diese Rolle wohl so authentisch, dass sie von vielen Menschen auch während des Jahres oft fälschlich als Maria angesprochen wurde. Der Salzburger Dreigesang war über viele Jahre mit dem Namen Reiser auch außerhalb der Adventsingen in enger Verbindung. Vater Tobi und Sohn Tobias gestalteten zahlreiche Konzerte unter dem Motto Mozart und die Volksmusik in den schönsten Sälen Österreichs und Bayerns. Christl Klappachers glockenreiner Sopran stand dabei oft im Mittelpunkt und sie konnte ihre Vielseitigkeit sowohl im Dreigesang als auch solistisch unter Beweis stellen. Wilhelm Keller schrieb für sie nennenswerte Solopassagen in seinen großen Kantaten für das Salzburger Adventsingen, aber auch Cesar Bresgen schätzte ihre unvergleichliche Stimme und schrieb für sie Lieder wie Maria, du schönste von allen oder die Rolle der »Seele« in seiner Loferer Passion.
Von Landa Ruprecht hat Christl sowohl einen reichen Liedschatz als auch viel Gespür und Begeisterung für das Volkslied übernommen und all dies mit zahlreichen Sängerinnen geteilt. So sang Christl im Salzburger Dreigesang mit Helga Weeger, Hermine Polacek, Johanna Wallner, Eva Bruckner, Elisabeth Hennig, immer wieder mit ihrer Schwester Trude und deren Tochter Johanna. Bis zum Jahr 2018 durften auch Helene Widauer und ich beglückende musikalische Stunden mit ihr erleben.
Christls hohe Musikalität, ihre Geduld in den Proben, ihre gelassene Heiterkeit bei Auftritten und ihre Toleranz gegenüber anderen Sängerinnen und Sängern, sind für mich vorbildhaft. Auch im Bereich der musikalischen Bildungsarbeit ist ihr vieles zu verdanken: Jahrelang hat sie mit Hingebung Kindersingstunden gehalten und ihre Freude am Singen sowie ihr großes Repertoire in Singstunden für Erwachsene weitergegeben. Ihre Stimme erklingt nach wie vor unverwechselbar und berührend und deshalb freue ich mich jetzt schon auf die Zeit, in der wir wieder ein Wie ist doch die Erde so schön oder Geh na eina in Rosngartn im gemütlichen Kreis gemeinsam singen dürfen.
Hoffentlich erfüllt sich der Wunsch möglichst bald – spätestens beim nächsten Frauen-​Dreigesangs-­ ​Treffen.