Alles zum Zupfen – seit drei Generationen

100 Jahre – das ist eine lange, lange Zeit. Bedenkt man aus unserem heutigen Blickwinkel, was sich im letzten Jahrhundert alles verändert hat, für die Menschen und ihr Umfeld, wie sich die Gewohnheiten und auch die Möglichkeiten verändert haben – es erscheint fast unglaublich, dass sich ein familiengeführtes Musikgeschäft über einen so langen Zeitraum hält. Dennoch feierte der Münchner Fachbetrieb für Zupf- und Saiteninstrumente im vergangenen Dezember dieses große, runde Jubiläum. Ein Grund zur Freude!

Wir telefonieren mit Kurt Hartwig, der die Geschicke des Musikhauses seit 1977 leitet; er erzählt uns einiges über die Firmengeschichte, aber auch darüber, wie sich das Geschäft in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert hat.

Zitherbau mit Münchner Charme

»Schon mein Großvater war von Beruf Zither- und Gitarrenbauer«, erinnert sich Hartwig. »Er hat sein Handwerk bei Franz Seith in München gelernt und sich 1919, nach Ende des 1. Weltkrieges, mit einer Reparaturwerkstatt für Saiteninstrumente selbständig gemacht. 1924 heiratete er seine Frau Maria, die Werkstatt zog in die Lindenschmitstraße 31 um – wo unser Geschäft bis heute ansässig ist.« Untersendling, nahe am Harras, ist bis heute ein Viertel mit besonderem, Altmünchner Charme, und das Musikhaus Hartwig als Traditionsbetrieb passt bestens in diesen Teil der bayerischen Hauptstadt.

Von Anfang an lag der Schwerpunkt bei Musik Hartwig auf dem Zitherbau; viele Instrumente sind aus der Hand des Firmengründers Johann Hartwig entstanden, einige bis heute gut erhalten. Auch musiziert wurde eifrig: Johann Hartwig war nicht nur Instrumentenbauer, sondern auch gern gesehener Musiker bei verschiedensten Veranstaltungen. Außerdem gab er in der heimischen Stube Musikunterricht. In diesen klingenden Haushalt wurde 1926 die Tochter Johanna Hartwig geboren, die sich auch für eine musikalische Berufslaufbahn entschied: 1949 legte sie die Prüfung zur Diplom-​Musiklehrerin ab. Der heutige Inhaber, Kurt Hartwig, ist der Enkel des Firmengründers und entschied sich selbst auch bereits in jungen Jahren für eine Lehre zum Zupfinstrumentenbauer. 1970, kurz bevor Kurt Hartwig mit seiner Ausbildung begonnen hatte, starb der Seniorchef Johann Hartwig. Seine Tochter Johanna übernahm das Geschäft für die kommenden sieben Jahre, seit 1977 – mit Abschluss der Meisterprüfung – führt Kurt Hartwig in dritter Generation den Betrieb.

Die Zither und die Mode

Wenn man so zurückblickt, auf 100 Jahre Musik Hartwig, davon über 40 Jahre als Inhaber und Geschäftsführer – welche Veränderungen spürt man? »Die Zither«, sagt Kurt Hartwig, »und auch die Gitarre und die Harfe sind vielleicht weniger modischen Strömungen und Trends unterworfen als andere Instrumente. Früher wurden vielleicht vermehrt Harfenzithern gekauft, heute sind es eher Konzertzithern. Solche Schwankungen unterliegen natürlich dem Geschmack der jeweiligen Zeit. Später kam dann noch die Psalterzither dazu, ein etwas kräftigeres, lauteres Instrument, das streckenweise auch recht gefragt ist. Wir bauen all diese Instrumente selbst. Meist Zithern, auch vereinzelt Gitarren und Hackbretter. Aber meine Liebe liegt eindeutig bei der Zither.« Hartwig lacht. »Klar, manche Trends spürt man natürlich schon. Zum Beispiel ist in den letzten Jahren die Nachfrage nach heimischen Hölzern sehr gestiegen, weil man sieht, was sich hier für schöne und nachhaltige Möglichkeiten bieten. Schwankungen, die der Mode unterworfen sind, sieht man eher bei den Instrumenten, die zur Reparatur hereinkommen«, sagt Hartwig. »Die E-​Gitarren haben alle paar Jahre ein neues Farbschema, das sich durchzieht – bei den Zithern, überhaupt bei den Volksmusikinstrumenten, sind solche optischen Veränderungen eher weniger aufliegend.«

Instrumentenbau als Passion

»Schon als Jugendlicher war meine Richtung die Volksmusik. Da war ich Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre ziemlich allein, ist ja logisch. Vor allem in der Stadt hatten die jungen Leute ganz andere Dinge im Kopf als Volksmusik. Aber für mich war meine berufliche Laufbahn schon damals völlig klar, ich hätte mir nichts anderes vorstellen können. Ich war mir auch immer schon sicher, dass ich das Geschäft einmal übernehmen möchte.«

Über die Jahre hat Kurt Hartwig die kleine Werkstatt seines Großvaters zu einem breit aufgestellten Musikgeschäft mit Instrumentenbauwerkstatt ausgebaut. 1983 zieht der Betrieb innerhalb des Hauses um, in größere, weitläufigere Räume. Auf einer geräumigen Ladenfläche werden alle möglichen Saiteninstrumente angeboten: Natürlich Zithern, aber auch ausgewählte Gitarren, Hackbretter, Ukulelen, Mandolinen und Veeh-​Harfen sowie natürlich allerhand an Lehr- und Notenmaterial und passendes Zubehör. In eigenen Showrooms können heute Instrumente unter besten Bedingungen vorgeführt und auch ausprobiert werden.

Das Lieblingsinstrument – der Lieblingsberuf

Kurt Hartwig engagiert sich nicht nur im Instrumentenbau selbst, sondern auch verbandlich im Bereich der Zupfinstrumentenmacher, wo er in diversen Prüfungsausschüssen und Gremien die Ausbildungsberufe unterstützt und sein Wissen weitergibt. Musikalisch aktiv ist er in der Organisation seiner Werkstattkonzerte sowie bei zahlreichen Seminaren und Veranstaltungen rund um die Zither, seinem Lieblingsinstrument.

100 Jahre Musik Hartwig, 43 Jahre mit Kurt Hartwig an der Spitze. Denkt man da manchmal ans Aufhören? »Theoretisch – also vom Datum her – bin ich ja eigentlich schon Rentner«, lacht Hartwig. »Aber mein Beruf macht mir immer noch so viel Spaß, es gab in all den Jahren keinen Tag, an dem ich mir gedacht habe: Heut mag ich nicht. Es pressiert mir also nicht so sehr mit dem Ruhestand.« Eines ist klar: Es wird weitergehen mit Musik Hartwig und seinem Team. Auf die nächsten 100 Jahre!

www.musik-​hartwig.de