Editorial zweifach 02-2022

»Guter Kaffee ist wie gute Musik – beides berührt die Seele.«

Roger Cicero (1970–2016)

Liebe Sänger & ­Musikanten, liebe Leserinnen & Leser!

Kaffee ist hinter Rohöl der zweitmeist gehandelte Rohstoff der Welt und noch vor Mineralwasser und Bier das meistkonsumierte Getränk in Deutschland. Und daran ändert auch der intensive Einsatz von Musikanten zu Gunsten der hiesigen Brauereien nichts, denn trotz aller guten Vorsätze tragen auch sie zwischendurch oder zu Beginn oder Ende des Tages zum hohen Kaffeekonsum bei. Die Kapelle Josef Menzl etwa gibt im Booklet ihrer CD gut bayrisch! freimütig zu Protokoll im Rahmen der Tonträgerproduktion neben 163 Halben Vollbier, 1 Mirinda, 3 Laib Brot und 20 Knackern auch 55 Kaffee konsumiert zu haben. Rund 164 Liter Kaffee trinkt der Deutsche jährlich – mal zum Genuss und mal zum Wachbleiben. Bevor übrigens Kaffee zum Frühstück populär wurde, trank die Bevölkerung am Morgen Bier.

Irgendwann im 16. Jahrhundert eröffneten in Istanbul, das damals noch Konstantinopel genannt wurde, die ersten Kaffeehäuser. Doch der Kaffeekonsum im Osmanischen Reich war alles andere als ein Kaffeekränzchen: Sultan Murad IV. (1612 –1640) hatte den Genuss von Kaffee sogar verboten – wie übrigens gut 150 Jahre später auch der Preußenkönig Friedrich der Große (1712 –1786). Sie ließen Kaffeehäuser niederreißen und Kaffeetrinker verfolgen und bestrafen.
Die Kunde von diesem aromatischen Heißgetränk kam übrigens 1582 nach Bayern: Der Augsburger Mediziner Leonhart Rauwolf (1535–1596) lernte den Kaffee auf einer Expedition in den Vorderen Orient in Aleppo kennen und lobte ihn in seinem Reisebericht als gut, beschrieb ihn als schwarz wie Tinte und wies darauf hin, dass er dem Magen dienlich sei. Weitere Reisende brachten den Kaffee schließlich als Souvenir mit nach Europa. Das Mitbringsel erfreute sich bei den Europäern schnell besonderer Beliebtheit, sodass bereits 1645 das erste Kaffeehaus am Markusplatz in Venedig öffnete, 1650 folgte Oxford, 1652 London, 1659 Marseille, 1663 Amsterdam und schließlich 1672 Paris. Das erste deutsche Kaffeehaus öffnete 1673 in Bremen seine Pforten und in Bayern 1686 in Nürnberg und Regensburg.
Bereits 1685 erteilte Kaiser Leopold I. (1640–1705) dem armenischen Handelsmann und Kurier Johannes Theodatals zum Dank für dessen Dienste die Hoffreiheit, das »türkische Getränk, als Caffe, The und Scherbet, zu praeparieren«. Die Wiener Kaffeehäuser etablierten sich als Ort der Kultur, wo sich die Vertreter aus Literatur und Kunst bei angenehmer Hintergrundmusik trafen. Die Wiener Kaffeehauskultur gehört nicht von ungefähr seit 2011 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.
Im Laufe der Zeit entstand eine vielschichtige regional gefärbte Kaffeekultur: Melange, Milchkaffee, Pharisäer, Mocka, Latte macchiato, Cappuccino, Irish Coffee, Großer Brauner, Eiskaffee, Gespritzter, Kosakenkaffee, Verlängerter, Café crèma, Kafi Luz, Muckefuck, und, und, und. Immer dabei die Musik, wenn auch im Hintergrund, so doch unverzichtbar!
Ich wünsche Euch einen befreienden Auswärts und immer genug Zeit für ein Kaffeetscherl.

Euer Roland Pongratz