»Kurz & bündig« - Ihr fragt & »zwiefach« antwortet

Hans A. aus Passau fragt bei uns nach:

Ich habe den anhängenden "Herzober-Zwiefachen" entdeckt. Bisher war mir unter dem Titel ein anderer Zwiefacher bekannt. Vielleicht kennt Ihr ja diese für mich neue Fassung?

 

Lieber Herr A.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Instrumentale Volksmusik ist im Wesentlichen Gebrauchsmusik. In vielen überlieferten Notenhandschriften, beispielsweise im Ländlerbuch von Max Münzl, Landshutwurde deshalb Gebrauchsmusik meist einfach nur „nummeriert“. Dies betrifft vor allem „Rundtänze“ wie Ländler, Schottisch, Dreher aber auch Rheinländer oder Mazurkas.

Bei den Zwiefachen oder Bairischen – in anderen Regionen auch Heuberger genannt – war dies jedoch anders: Da viele Zwiefache gesungen wurden, erhielten sie Titel, die sich aus dem Text ergaben – siehe auch: Alfons Listl: Wer den net ko. Manch andere erhielten aber auch sonstige Namen, besonders beliebt scheinen Bezeichnungen aus dem Kartenspiel zu sein: Schelln-Neuner, Gras-Ober, Eichel-Ober, Herz-Ass, Herz-König Herz-Siebner.

Der von Ihnen eingesandte Zwiefache mit dem Titel Herz-Ober ist auch als Herz-Siebner, Goaßstutzn und Und wann i heit zum Tanzn geh bekannt und ist in der Oberpfalz verbreitet. Einigen Quellen zufolge lässt sich das Verbreitungsgebiet sogar auf Bruck i. d. Opf. eingrenzen (Vgl.: https://www.bairisch-landlerisch.de/zwiefache/).

Zur Notation lässt sich noch folgendes anmerken: In frühen Notendrucken (1825, 1901) haben die Viertelnoten im Dreitertakt die selbe Länge wie im geraden Takt. Die Tanzmusikanten hingegen verwendeten in den Handschriften eine den Tanzschritten entsprechende Schreibweise: eine Viertelnote im Dreiertakt entspricht einer Achtelnote im geraden Takte. Sie haben sich in der Schreibweise daran orientiert, wie in den Rundtanzmelodien Galopp und Dreher, die Walzertakte haben sie so notiert, wie sie es vom Walzer gewöhnt waren.

So ergeben sich zwei unterschiedliche Interpretations- und Notationsweisen. Jemand, der das nicht weiß, spielt somit den Zwiefachen falsch – also auch eine Art Geheimcode.

Ihr Notentext ist so notiert, dass Viertelnote gleich Viertelnote gespielt wird, also eine moderne Zwiefachennotation. Falls Sie noch mehr zum Zwiefachen lesen möchten, empfehle ich das Buch Vom Tanz aus der Reihe. Neue Studien zum Zwiefachen.

 

Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein wenig weiterhelfen!

Herzlichst,

Ihr Elmar Walter

Leiter der Abteilung Volksmusik beim

Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e. V

 

Zur Redaktion der »zwiefach« gehören ausgewiesene Fachleute aus den Bereichen Musikethnologie, Musikwissenschaft, Volksmusikpflege, Musikpädagogik oder Volkskunde. Sie sind z. T. bei renommierten Institutionen tätig und helfen den »zwiefach«-Lesern gerne bei Fragen zur Volksmusik weiter.