Nicole Kaiser

Nicole Kaiser - Der „Kaiser`s“ neue Kleider

Was tun, wenn als deutsche Akkordeonistin, unabhängig und Anfang Vierzig, diese Anfrage per E-Mail eintrifft: „Hätten Sie Lust, Mitglied einer der erfolgreichsten und chaotischsten Irish Punk-Bands der Welt zu werden?“ Die Rede ist von Nicole Kaiser aus Minden und die Anfrage kam von The Mahones aus Kanada. Bandleader Finny McConnells Band ist in der Irish Punk-Szene Kult, die Band veröffentlichte bislang über 20 CDs, und er selbst stand seit der Bandgründung 1990 mit Legenden wie den Pogues, Flogging Molly oder den Dropkick Murphys auf der Bühne. Was "Frau Kaiser“ aus diesem Angebot gemacht hat, wie es überhaupt dazu kam, warum es ihr nichts ausmachte, vorher unter anderem in einer Oktoberfest-Band im pinkfarbenen Lederkostüm zu spielen, und wie es in Corona-Zeiten mit ihr und der kanadischen Band weitergeht, lesen Sie in diesem Interview. Viel Spaß!

Text: Detlef Gödicke ;Fotos: Alex Bock Photography, Markus Werner, Hey Frany, The Mahones, Finny McConnell, Ymkje Veenstra, Hans Schoo

- Gibt es ein neues Album der Mahones?

Ja, Finny hat in diesem Jahr ein Acoustic-Album herausgebracht, auf dem ich allerdings nicht mitwirken konnte. Er ist gerade in Deutschland auf einer Solo-Tour, bei der ich ihn bei einigen Gigs am Akkordeon begleiten durfte, und er ist sogar aktuell bei mir in Minden zu Besuch.

- Ist Minden auch Ihr Geburtsort?

Nein, ich bin 1980 in Tübingen geboren und in Süddeutschland aufgewachsen. Mit 20 wollte ich dann auf Reisen gehen und tingelte herum, schließlich landete ich in Minden und wohne hier seit 15 Jahren.

- Spielen Sie auch andere Instrumente?

Ja, Gitarre und Klavier.

- … und Gesang?

Bei den Mahones singe ich im Background mit, das sind aber Refrain-Shouter a la „Hey Hey Hey“, und kein mehrstimmiger Gesang. In einer anderen Band, in der ich Mitglied bin, versuche ich mich gerade vorsichtig an der Front.

- Wer alte CDs der Mahones hört, erwartet beim Konzert der Band mehr Irish Folk als echten Punk. Stimmt der Eindruck?

In der Tat. Die Band spielt mittlerweile alles sehr schnell, wüst und unglaublich laut, Punk eben. Es entspricht dem Verständnis der Band, es muss mächtig knallen. Ohne Gehörschutz würde ich auf der Bühne kein Konzert überleben (lacht). 

- … und bei den Acoustic-Gigs in diesem Jahr?

Auf Finny`s Acoustic-Tour in diesem Jahr war es viel entspannter und ruhiger und die Arrangements gingen zu den folkigen Wurzeln der Songs zurück.

- Wie wurden Sie Bandmitglied der Mahones?

Eigentlich einfach. Finny suchte für die Tour Anfang 2019 eine neue Akkordeonistin. Seine Idee war, in deutschen sozialen Netzwerken zu suchen, denn, so erklärte er mir später seinen Gedankengang, in Deutschland würden Frauen wohl schon sehr früh anfangen, Akkordeon zu spielen. Er kannte einige Irish-Punk-Bands von hier und fand schließlich auch die Internetseite der Band Mr Irish Bastard. Da spielte ich hin und wieder mit.

- Was heißt "hin und wieder“?

Die Band hatte für die Melodiespieler eine Art wechselndes System, es gab eine ganze Riege von Auswechselspielern, zu denen auch ich gehörte. Finny fand ein Foto von mir und meinte später, ich hätte auf dem Foto ausgesehen, als ob ich zu den Mahones gehören würde. Das Foto war zu meinem persönlichen Account verlinkt und so schickte er mir Ende 2018 eine Anfrage, ob ich nicht Lust hätte, mit den Mahones 2019 als Akkordeonistin für sieben Wochen in Europa auf Tour zu gehen.

- Wie war Ihre Reaktion? Hatten Sie beim Lesen der Nachricht Schnappatmung?

Es war gefühlt ein Sechser im Lotto (lacht). Ich habe immer gerne Musik gemacht, in verschiedenen Bands, für alle war es immer ein Traum, mal eine Tournee zu spielen. Warum sollte ich also zögern? Meine Antwort war sofort: „Klar, mach ich“.

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