Der Clan der Harmonikas [3]: Die Englischen Concertinas
Güno van Leyen zeigt uns seine Englischen Concertinas
Im dritten Teil seiner Reihe „Clan der Harmonikas“ erfährt unser Autor Peter M. Haas von Musiker Güno van Leyen Genaueres über die Englischen Concertinas, was ihre Besonderheiten sind und wie sie gespielt werden.
Text: Peter M. Haas Fotos und Grafik: Peter M. Haas, Güno van Leyen
Die meisten Akkordeonspieler schauen nur selten über den Horizont des eigenen Instrumentes hinaus. Das ist schade, denn das Akkordeon hat eine reichhaltige, bunte und interessante Verwandtschaft. Dass es die chromatischen Akkordeons, wie wir sie spielen, sowohl als Tasteninstrumente als auch als Knopfinstrumente gibt, hat sich ja inzwischen sicher herumgesprochen. Aber bereits die diatonischen Knopfakkordeons sind für die meisten von uns unvertraute Exoten, die wir in bayerischen Bierzelten und Schweizer Rückzugsbiotopen verortet glauben. Mir hat es großen Spaß gemacht, mich im Beitrag für das letzte Heft des akkordeon magazins von Jan Budweis eines Besseren belehren zu lassen, der uns zeigte, wie zeitgemäß und sogar jazznah sich dieses Instrument einsetzen lässt!
Doch es gibt ja noch viel mehr Verwandte in der Familie der Handharmonikas. Zum Beispiel sind da diese kleinen, sechseckigen Dinger, die oft in Clowns- und Harlekindarstellungen zu sehen sind. „Sind das auch Akkordeons?“, wurde ich schon oft gefragt. Nein, Akkordeon nennt man diese niedlich wirkenden Musikinstrumente nicht. Es sind sogenannte Konzertinas, beziehungsweise Concertinas, da ihre prominentesten Vertreter aus dem englischen Sprachraum stammen. 1829 wurde die Englische Concertina vom Instrumentenbauer Charles Wheatstone zum Patent angemeldet. Etwa zur gleichen Zeit übrigens ließ der Musiker Carl Friederich Uhlig in Sachsen seine Konzertina patentieren, ein Instrument mit rechteckigem Korpus, das auf dem Schoß liegend gespielt wird und aus dem in der Folge das Bandoneon entwickelt wurde. Es sind also zwei grundverschiedene Musikinstrumente, selbst wenn der Name eine Übereinstimmung nahezulegen scheint.
Zu Besuch bei Güno van Leyen
Um mehr zu erfahren, besuchte ich den Berliner Musiker Güno van Leyen. Standesgemäß wohnt er im Berliner Bezirk Steglitz. In seinen SMS-Nachrichten sendet er mir stets Grüße aus St. Eglitz, und tatsächlich ist das Wohnviertel um die Markelstraße ein Bezirk mit prächtigen Bürgerhäusern zwischen Gründerzeit und beginnendem Jugendstil, einer Kurhausarchitektur gar nicht so unähnlich. Wenige Hausnummern weiter befindet sich die Musikkneipe Celtic Cottage, noch aus Westberliner Zeiten der eingebürgerte Treffpunkt der irischen Folkloreszene. Um mich zu begrüßen, hat Güno einen ganzen Tisch mit unterschiedlichen Harmonikas vorbereitet – es sind eine deutsche Konzertina und eine Melodika dabei. Güno war immer Multiinstrumentalist, auch wenn jetzt die Englische Concertina sein Favorit ist. Begonnen hat sein Musikerleben, als er – mit Gitarre, Banjo und Mandoline – im Duo irische Musik spielte und dann erstmals Dave sah, einen englischen Soldaten, wie er eine Ballade auf einer Concertina begleitete. Da fiel die Entscheidung: dieses Musikinstrument wollte Güno spielen.
Die Geschichte, wie er zur Concertina kam, hat Güno im akkordeon magazin schon vor einigen Jahren erzählt. (Schaut und lest nach im akkordeon magazin #63, Heft 4 / 2018 ) Güno steckt voller Anekdoten. Was bei anderen Gesprächspartnern eine reine Auflistung von Fakten wäre, verwandelt sich bei ihm sofort zur nächsten, bildhaft vorgetragenen Erzählung.